Sonntag, 15. Dezember 2013

José Ignacio - Franky in the middle of nowhere

Raus aus der Großstadt - rein ins Vergnügen! Unter diesem Motto stand der heutige Tag, an dem mich ein Ausflug zu dem Dorf José Ignacio führen sollte, um endlich mal ein bisschen was von der Landschaft und Natur dieses tollen Landes zu sehen. Eine Busfahrt bietet sich dazu an.
Mit 176.000 m² hat Uruguay in etwa die Fläche von Großbritannien, aber nur ca. 3,5 Mio Einwohner, von denen auch noch die Hälfte in der Hauptstadt Montevideo lebt. Es gibt hier also noch jede Menge unberührte saubere Natur, viele Rinder, endlose Straßen und freies Land. So kommen nur rund 20 Einwohner auf dem km², während es im vollgestopften Deutschland 226 Einwohner sind.

Ab in die Pampa!

Geografisch betrachtet ist Uruguay die Weiterführung der argentinischen Pampa, also weitgehend Gras- und Steppenfläche. José Ignacio liegt direkt an der Küstenstraße des Atlantik Richtung Osten, man muss also durch Punta del Este hindurch, um dorthin zu gelangen. Ich habe mir den Ort einfach ausgesucht, weil er von dem Busveranstalter angeboten wird und ich auf der Suche nach einem gemütlichen Nest am Meer bin. Also ging es mitten in der Nacht um 6:00h vom Busbahnhof  "Tres Cruces" aus los, auf die ca. 3-stündige Fahrt.

Aufbruch um 6:00h vom Bus-
Bahnhof "Tres Cruces".

Mittendrin wurde die Reise kurz unterbrochen, als an irgendeiner Haltestelle 2 Polizistinnen mit ihren Dienstwaffen hereinkamen und einen Verbrecher festnahmen, der mit uns im Bus saß. Super Einlage. Und das ganz ohne Aufpreis. Dann ging es durch Punta del Dubai, wo ich mir einen ersten Eindruck von dieser Stadt verschaffen  und sogar schon mal ein Bild des bekannten "Monumento de los Dedos" schießen konnte.

Das ist Uruguay: Endlose Weite und kilometerlange ...

... menschenleere Strände entlang des Atlantik.



Das Kunstwerk "Los Dedos" in Punta.

Irgendwann waren wir dann durch Punta durch und näherten uns dem Dorf. Bis dahin war ich davon ausgegangen, tatsächlich ein Ticket bis José Ignacio gekauft zu haben, bei genauerem Hinsehen ging mein Boleto jedoch bis zur Endstation: Die LAGUNA de Garcón! Diese Erkenntnis sollte mir bald zum Verhängnis werden, denn die Lagune liegt 12 km von meinem eigentlichen Ziel entfernt. Anders, als wenn man zusammen mit Rudi Rüssel dem rüstigen Reiseführer im Hawaiihemd an Bord reist, der einem sagt, wann man nach rechts und links gucken muss und wo man ein- und aussteigen soll, bin ich ja hier auf mich alleine gestellt und blieb einfach solange im Bus sitzen, bis die Endstation erreicht war: LAGUNA de Garcón - die Lagune des Todes! Also stieg ich als einziger und letzter Passagier aus und sah ... nichts. Der lustige Busfahrer und seine nette Gehilfin hatten mich tatsächlich mitten in die Wildnis ans Ende der Welt gekarrt, wo sich Puma und Guanako gute Nacht sagen. Doch nicht mal diese waren hier zu sehen. Vor mir nichts, hinter mir nichts, über mir nichts und unter mir Gras. Das war das meiste Nichts, was ich je gesehen habe. Aber auch das Schönste. Super. Wenigstens war da noch das Wasser der Lagune, wobei ich gleich mal testete, ob es sich dabei nicht auch noch eine Fata Morgana handelte. Wenn mir in diesem Moment jemand gesagt hätte, "Geh nicht zu weit auf den Horizont zu, dahinter ist die Welt zu Ende und du fällst in ein tiefes Loch", dann hätte ich das geglaubt. Und hier sollte ich also bis am Abend ausharren, bis um 18:45h der nächste Bus vorbeigondelt. Wobei ich mich grad frage, wieso dort überhaupt ein Bus fährt, wahrscheinlich nur, um unliebsame Touristen für immer loszuwerden. Dummerweise machte sich jetzt auch noch langsam der Hunger bei mir bemerkbar, doch von menschlicher Besiedlung war weit und breit keine Spur. Ich wette, das letzte menschliche Wesen, was einen Fuß auf dieses Land gesetzt hat, war General José Artigas, als er mit seinen Horden 1815 dort durchgaloppierte und das Territorium absteckte. Das wars dann auch. Doch der nette Busfahrer und seine fröhliche Helfeshelferin machten mir einen Vorschlag zur Güte. Obwohl sie sich natürlich königlich darüber amüsierten, dass sie mal wieder einen dummen Gringo an das Ende der zivilisierten Welt verfrachtet hatten und sich wunderten, was ein Alemani aus dem tollen Deutschland überhaupt in Uruguay will, erklärten sie sich dazu bereit, mich nach einer Wartezeit von 1,5 Stunden wieder mit zurückzunehmen in den Ort José Ignacio, wo ich ja eigentlich hinwollte. Sie hätten mich sogar mit zurück nach Punta genommen, wo ich aber sowieso damnächst noch ein paar Tage bleiben werde, also blieb ich bei José Ignacio. Vielen Dank, muchas gracias für den gelungenen Vorschlag. Dafür gabs von Papi auch gleich mal 20 Pesos extra aus der Schatzschatulle bar auf die Hand für die nächste Milchschnitte. Wahrscheinlich taten sie es aber nur der bedrohten Tierwelt zu liebe, denn bei einer derart langen Fastenzeit hätte es durchaus sein können, dass ich mir so einen von den herumlaufenden Kibitzen einverleibe. 1,5 Stunden Extrem-Survival lagen also vor mir und so zog ich los gen Horizont. Immerhin konnte ich eine Weile diese unendliche Weite und die gute Luft genießen, was mir in dem Großstadtgetöse bisher deutlich gefehlt hatte. Bis ich feststellte, dass meine Beine über und über mit Moskitos verziert waren. Dass die überhaupt wussten, was mit Menschenbeinen anzufangen ist, grenzt an ein Wunder. Irgendwann hatte ich die Viecher aber dann abgeschüttelt, machte es mir einfach auf meinem mitgebrachten Handtuch gemütlich und genoss das atemberaubende Nichts. Letzten Endes stieg ich nach 1,5 Stunden wieder in den Bus und wir sagten fröhlich dem Niemandsland auf Wiedersehen.

Laguna Garcón

Vor mir nichts, hinter mir nichts, über mir nichts und unter mir Gras.

Immerhin zeigen mir Juanita und Ramirez zum Zeitvertreib in der Wildnis,
wie man richtig den Mate hält.

Unendliche Weite


Und viel Nichts

auf allen Seiten.

José Ignacio


Endlich im 12 km entfernten Dorf José Ignacio von den netten Busfahrern abgesetzt, wurde ich auch gleich für den gefahrvollen Umweg entschädigt. Ein zauberhaft verschlafenes Fischernest in der Nähe von Punta del Este, genau nach meinem Geschmack, mit einer gigantischen Felsformation am Strand, die an die Seychellen erinnert, wunderschönen kleinen bunten Häusern und sogar einem eigenen Leuchtturm. Hier würde ich mich wohlfühlen. Der Besucher wird am Bürgerhaus direkt mit dem vielsagenden und sympathischen Spruch empfangen: "Aqui solo corre el viento." -> Das einzige, was hier (schnell) rennt, ist der Wind. Ich glaube, dieses Dorf wurde extra für mich gebaut und fühlte mich daher sofort zuhause. Rund um den Ort haben sich bereits zahlreiche Immobilienhaie etabliert, um auf die Invasion der Brasilianer, Westeuropäer und Amerikaner entsprechend vorbereitet zu sein, die sich und ihr Geld hier vor dem finalen Crash in Sicherheit bringen wollen. Leider sind die Preise hier deutlich von der Nähe Punta del Estes beeinflusst, wenngleich es nicht ganz so schlimm ist wie dort. Dieses Dorf ist einfach ein Traum. Aber genug gequasselt. Jetzt gibt es ein bisschen was auf die Augen aus diesem Ort. Hasta luego!

Hier rennt nur der Wind. Wenn überhaupt. So der symphatische
Slogan von José Ignacio.





"Das Heim der Katzen aus Stein." Unglaublich, dass ich hier
mitten in der Wildnis Uruguays ein Haus mit einem Schild
in deutscher Sprache vorfinde. Wer mag sich hierher verirrt haben?


Vom 37 Meter hohen Leuchtturm aus ...



... hat man einen tollen Überblick über den gesamten Küstenabschnitt ...



.... nach Osten und Westen ... und natürlich ...

 ... auf den Ort José Ignacio. 



Ein muckeliges Restaurant.

Vorsicht Nepp! Die Millionäre von Punta wird es nicht
weiter jucken, aber 25 Euro für einen Meeresfrüchte-Salat
und ein Bier sind im "La Farola" restlos übertrieben.

Lustiger Vogel


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