Freitag, 20. Dezember 2013

Die Academia, der Palacio Legislativo und andere Sehenswürdigkeiten

Ding dong! Aufwachen, es geht weiter mit den Nachrichten aus Uruguay! Wer geglaubt hat, ich wäre inzwischen von einem hungrigen Wasserschwein gefressen worden oder im Kampf mit einer südamerikanischen Anakonda unterlegen, sodass hier endlich Ruhe einkehrt, der hat sich geschnitten.


 Nun hat sich hier so mein Tagesablauf etabliert und ich mache oftmals nichts Weltbewegenendes außer lernen, einkaufen und ein bisschen rumlaufen, sodass es derzeit nicht immer furchtbar Spannendes zu berichten gibt. Immerhin konnten die notorischen Blog-Schwänzer durch die paar freien Tage mal einige meiner alten Beiträge nachbereiten. Am Sonntag ist dann Examen. Seit Montag bin ich in der Academiaurugay, wo ich am Vormittag einen Sprachkurs besuche, um mein Spanisch etwas aufzupolieren und den hiesigen Dialekt zu lernen. "Ascher scho vi como mi hischo fui por la casche y saltó la murasche ... " = Ayer yo vi como mi hijo fui por la calle y saltó la muralla ..." ENTENDISTE!? OK - aber man gewöhnt sich ja an alles.

Academia Uruguay

Die Academie ist eine schöne Sprachschule in der Nähe der Plaza Independencia mit netten Lehrern, die sich viel Mühe geben und tatsächlich Ahnung von ihrem Fach haben. Leider muss man sagen, dass derzeit selbst in dieser Schule nicht viel mehr los ist als in der Laguna Garzon zur Rush Hour. Ich bin froh und dankbar, dass mit mir im Kurs wenigstens ein junger Amerikaner sitzt und ich nicht Einzelunterricht habe, wie so manch anderer dort, denn das wäre ja todeslangweilig. Insgesamt gibt es wohl 8 Leistungsstufen. Außer mir hat es tatsächlich dann auch noch einen anderen Deutschen ans andere der Welt verschlagen, ein ehemaliger Philosophiestudent, wie kann es anders sein, der auch mal Kant auf Spanisch hören möchte und hier noch nach dem Sinn des Lebens sucht ... (Hallo Tillmann! :-)) Den Aussagen verschiedener Uruguayer zufolge bricht erst im Januar die Hölle los, wenn alle Argentinier, Brasilianer und Amerikaner das Land stürmen, sich 2 Monate an den Strand legen und im März dann einen Trümmerhaufen zurücklassen, sodass man sich von Mai bis November getrost in der Laguna Garzon einsalzen lassen kann, ohne irgendein wichtiges Event zu verpassen. Schauen wir einfach mal, wie es weiter geht. Zunächst mal habe ich diese Woche ein paar geführte Ausflüge durch Montevideo mitgemacht, denn alles habe ich hier ja noch nicht gesehen.

Unsere kleine schnuckelige Sprach
schule ...

...  in der die Alumnos auf den Ernst
des uruguayischen Lebens
vorbereitet werden.

Mein Klassenraum.

Palacio Legislativo

Der uruguayische Reichstag befindet sich gar nicht allzu weit von dem Viertel, in dem ich wohne und ist, wie alle Regierungssitze, prunkvoll ausgestattet und umfangreich verziert. Unser freundlicher Medizinstudent Mario, der sich zweimal die Woche mit Stadtführungen für die Alumnos der Akademie die Haushaltskasse aufpoliert, begleitete mich zu dem Gebäude, wo wir eine geführte Tour mitmachten und dabei auch noch an einer Sitzung des Parlaments teilnehmen konnten, in der es um die Pleite der Fluglinie "Pluna" ging, das Aufregerthema der Woche hier. Die Planung des Palacio Legislativo begann im Jahr 1904, in dem der Italiener Victor Meano den Zuschlag bekam, das Gebäude geschmackvoll zu designen. Fast alle monströsen Bauwerke hier gehen auf das Konto herausragender französischer oder italienischer Architekten. 1925 war dann die Einweihung des Palacios, der fast vollständig aus uruguayischem unpoliertem Marmor besteht. In der Bibliothek des Palacios mit über 250.000 Werken findet sich auch eine Statue aus Deutschland wieder.

Der Palacio Legislativo, das Regierungsgebäude ...

... ist auf jeden Fall einen Besuch Wert.


Das Bild zeigt - wie könnte es anders sein -
den Volkshelden Artigas bei der Verkündung
der Unabhängigkeit Uruguays von
der spanischen Krone.

Diese Statue in der Bibliothek stammt -
man glaubt es kaum - aus Deutschland.

Exkursion: Mercado del Puerto, Palacio Taranco und die Kathedrale

Zweimal die Woche werden von der Akademie aus Exkursionen veranstaltet, was ich ganz praktisch finde, denn so läuft man nicht alleine durch die Stadt und bekommt gleichzeitig noch etwas erzählt. Diesen Donnerstag sollte es gemeinsam zum großen Asado-Festschmaus im Mercado del Puerto gehen, über den ich ja schon berichtete, und im Anschluss gab es eine kleine Stadtführung. Auf dem Programm standen der Palacio Taranco, die Kathedrale, der Banco de la Republica Oriental de Uruguay sowie das Mausoleum des großartigen Artigas, was ich aber ja schon gesehen hatte.

Mercado del Puerto

Der Mercado del Puerto wurde im Jahr 1868 eingeweiht und ist heute eine beliebte Touristenattraktion, die man besser nur unter der Woche besucht, um auch einen guten Platz zu bekommen. Wenn hier erstmal ein Kreuzfahrtschiff angelegt hat, dann ist es mit der Beschaulichkeit vorbei. Das gesamte Areal erstreckt sich über 3500 m², die Stahlkonstruktionen des Marktes wurden teilweise in Liverpool zusammengelötet und dann in Montevideo aufgebaut. Hier gibt es die typischen uruguayischen Spezialitäten Chorizo, morcilla, chinchulines, mollejas etc. frisch vom Grill, ein Paradies für Fleischfreunde. Da wir zu dritt waren, entschieden wir uns für eine Parilla, das ist eine große typische Fleischpfanne, in die so ziemlich alles reinkommt, was vorher auf der Wiese rumlief. So kann man auch einiges probieren. Auf den gutgemeinten Rat des netten Kellners hin nahmen wir doch die Parilla für 2 Personen, was auch besser war, denn selbst mit dieser Portion waren wir überfordert. Man muss wirklich sagen, auch wenn man hier für ein Essen in etwa genauso viel bezahlt wie in Deutschland (bis auf Rindfleisch, das ist hier günstiger), man bekommt hier jedes Mal riesige Portionen. Als Beilage gibt es ausschließlich Brot und ein paar gegrillte Paprika, von denen nach dem Feuerzauber natürlich nicht mehr allzu viel übrig ist. Salat ist hier eher ein Fremdwort, auch wenn man natürlich einzelne Salatteller bestellen kann. Uruguay hat den höchsten Fleischkonsum der Welt pro Kopf. Die Sachen aus dem Topf waren alle sehr gut, bis auf ein paar Innereien und Gedärmen, die irgendwie sehr zäh waren und/oder nach Meeresfrüchten schmeckten.

Man kann zusehen, wie alles zubereitet wird.

Guten Appetit!

Mario und Tillmann kapitulieren vor den letzten Resten
aus dem riesigen Fleischtopf.

Banco de la Republica Oriental del Uruguay

Dieses Gebäude, erbaut im Jahr 1896 und in Betrieb genommen 1926, ist einer der Gründe dafür, weshalb Uruguay heute als die "Schweiz Südamerikas" bekannt ist. Anders als in Europa, wo demnächst noch weitere Zwangsenteignungen nach dem zypriotischen Modell auf dem Programm stehen, ist das Geld hier noch entsprechend sicher, weil diese Bank weitgehend unabhängig vom internationalen Finanzcasino der Fiat-Money-Fraktion rund um Ben Bernanke, Janet Yellen und Mario Draghi agiert. Der Banco de la Republica Oriental ist nämlich tatsächlich noch ausschließlich dazu da, die Realwirtschaft des Landes, welche größtenteils aus Estancias, dem Rinderhandel und Anbau von landwirtschaftlichen Produkten besteht, am Laufen zu halten, während sich unsere Spielcasinos in der Heimat lieber mit Derivaten und Immobilienhypotheken verzocken, um sich anschließend vom Steuerzahler retten lassen. Viele wohlhabende Argentinier haben während der großen Argentinienkrise um die Jahrtausendwende, die mit einer Hyperinflation einherging, ihr Geld hier nach Uruguay geschafft und zudem dafür gesorgt, dass Punta del Este heute ein mondäner und völlig überteuerter Badeort ist. Bevor der Banco Oriental pleite geht, gehen alle anderen Banken der Welt pleite.


Palacio Taranco

Dieses beeindruckende Gebäude direkt gegenüber der Plaza Zabala aus dem Jahr 1910 wurde von 3 wohlhabenden Brüdern geplant, die ihr Geld mit dem aufkeimenden Handel im Land gemacht hatten und hier ihre gesamten Familien unterbrachten. Die Innenräume sind pomös verziert und teilweise mit Gold überzogen. Die Architekten waren Franzosen und stark vom Stil des 18. Jahrhunderts in Frankreich inspiriert, von wo aus auch die meisten Einrichtungsgegenstände importiert wurden.

Der Palacio Taranco.


Innen pompös und verschnörkelt ...

und außen mit eigenem
Vogelschwimmbad.

Die Kathedrale

Letzte Station für heute, bevor es zum Abendessen geht: Die Catedral Metropolitana aus dem Jahr1804. Hier wurde, wie könnte es anders sein, der großartige José Artigas getauft.


Hier bekam der kleine Artigas seinen Namen.
Morgen geht es um 9:30h los in die Küstenstadt Piriápolis, gelegen zwischen Montevideo und Punta del Este. Daher muss ich jetzt so langsam ins Bett und kann euch nicht länger bespaßen. Werde aber zu gegebener Zeit wieder von meiner (Tor)Tour berichten. Hasta Luego!

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