Donnerstag, 12. Dezember 2013

Erster Stadtrundgang in Montevideo

Mit ca. 1,3 Millionen Einwohnern ist Montevideo nur etwa halb so groß wie Buenos Aires, dafür aber fast doppelt so heruntergekommen. Zahlreiche Kriege und Konflikte mit den Nachbarstaaten haben in dieser erst 300 Jahre alten Stadt ihre Spuren hinterlassen. Permanent gab es Zoff mit England, Spanien, Argentinien und den Portugiesen um das Territorium. Vielleicht gibt es deswegen keinen vernünftigen Reiseführer in deutscher, spanischer, englischer oder irgendeiner anderen Sprache. Nicht dass noch jemand auf die Idee kommt, diese Stadt zu besuchen. Anweisung von ganz oben. Aber es gibt hier doch auch schöne Fleckchen, wie ich heute schon sehen konnte.


Und dann liegt Schönheit ja auch immer im Auge des Betrachters. Wenn man bedenkt, dass Montevideo, Buenos Aires und Santiago de Chile zu den zivilisiertesten und modernsten Städten in ganz Südamerika gehören, muss man einfach ein Auge zudrücken oder sich den ein- oder anderen Anblick schöntrinken. Europäische Maßstäbe was Sauberkeit und Ordnung angeht, müssen wir hier einfach total vergessen. Letzten Endes hatte ich jetzt aber in einer riesigen Buchhandlung in der Stadtmitte die Qual der Wahl zwischen 2 Reiseführern, von denen einer dann mehr oder weniger doch nur ein Bildband war. Den anderen habe ich gekauft. Muchas gracias. Mit zahlreichen Denkfalten auf der Stirn zog der nette Buchhändler von dannen in die hinterste Ecke seines Ladens, um mir meinen exotischen und völlig außergewöhnlichen Wunsch zu erfüllen. Nach gefühlten 30 Minuten kam er mit stolzgeschwellter Brust und den beiden Schätzen in der Hand wieder.

Avenida 18 de Julio

Analog zur Avenida 9 de Julio in Buenos Aires verläuft in Montevideo die Avenida 18 de Julio als Hauptader von Osten nach Westen quer durch die Stadt. An ihr kann man sich am einfachsten orientieren und um sie herum konzentrieren sich die meisten Sehenswürdigkeiten. Also bin ich diese Straße einfach mal runtergelaufen bis zur Plaza Independencia (Google Maps). Ein Bus fährt für 14 Pesos (48 Cent) die Avenida hoch und runter, was ich auf dem Rückweg in Anspruch nahm. Meistens sind die Straßennamen nach irgendwelchen denkwürdigen Tagen benannt, wo es die eigene Unabhängigkeit vom Mutterland in Europa zu feiern gilt oder den Sieg über verhasste Invasoren, z. B. die Portugiesen. So sind auch viele Denkmäler erfolgreichen Feldherren gewidmet.

Av. 18 de Julio - die Hauptader der Stadt



Mate-Tee

Man kann unmöglich über Uruguay reden, ohne dabei den Mate zu erwähnen. Uruguayos sind süchtig nach Mate. Und das Phänomen zieht sich durch alle Altersgruppen. Obwohl das auch schon in BA zu beobachten ist, in Uruguay wird der Faible auf die Spitze getrieben. Vom Studenten bis zum betagten Senior laufen sie alle mit ihrer Thermoskanne irgendwie geschickt eingeklemmt zwischen den Achseln durch die Straßen und zuckeln permanent an ihrem Mate-Becher. Entsprechend gibt es hier auch zahlreiche Läden und Straßenhändler, die Behältnisse für den Mate-Tee und Thermoskannen anbieten. Darunter auch so zweifelhafte Becher aus einem echten Ochsenfuß und ähnliches.

Uruguay und der Mate ...

... sind untrennbar miteinander
verknüpft.

Manuel Oribe, 1792 - 1857

Ein wichtiges Gesicht für die Stadt war Manuel Oribe, Gründer des Partido Nacional und einer der Anführer der 33 Orientalen, unter denen es Uruguay es im Jahre 1825 zu seiner Unabhängigkeit von Brasilien schaffte.





Universidad de la Republica (UDELA)

Die Universidad der la Republica, zweifelsohne eines der schönsten Gebäude hier befindet sich ebenfalls in der Avenida. Ein Auslandssemester hier ist mit Sicherheit eine einzigartige Erfahrung. Alleine wenn ich sie von außen sehe, juckt es mich in den Fingern ... In jedem Fall werde ich mal unverbindlich reinspazieren. Das Bafög hab ich ja gerade erst zurückbezahlt ... ;-)



Fuente de los candados

Der Brunnen der Hängeschlösser. Der Mythos besagt, dass ein Paar sich auf immer und ewig lieben wird und zu dem Brunnen zurückkehrt, wenn man ein Schloss mit den beiden Namen darauf hier anbringt. Wie romantisch! Na, wenn da mal nicht ein paar rostige Schlösser darunter sind ...



Daneben wieder einmal ein Tango-
Pärchen. Argentinien und Uruguay
streiten sich seit Jahr und Tag, wer
den Tango erfunden hat. Jeder
will es gewesen sein.

Placa de Independencia

Dann sind wir auch schon auf der Placa de Independencia, wie der Name schon sagt, dem Unabhängigkeitsplatz. Die Plaza ist mit Sicherheit die bekannteste Sehenswürdigkeit Uruguays, denn wo immer etwas über Montevideo zu lesen ist, sieht man auch ein Foto von der Plaza. Sie befindet sich am östlichen Ende der Altstadt und am Ende der Avenida 18 de Julio. Über das übrig gebliebene Stadttor, Puerta de la Ciudadela, erreicht man eine schöne Fußgängerzone. Die Statue in der Mitte des Platzes zeigt José Gervasio Artigas (1764 - 1850), der als Nationalheld gilt und ebenfalls den 33 Orientalen angehörte.

José Artigas




Teatro Solís

Praktischweise befindet sich direkt daneben auch gleich die nächste bedeutende Sehenswürdigkeit in Montevideo, das Teatro Solís (1856). Es ist das zweitgrößte Theater in Südamerika und fasst insgesamt 1500 Zuschauer.

Teatro Solís

Academia Uruguay

Direkt hinter der Fußgängerzone der Altstadt befindet sich die Academiauruguay, in der ich ab dem kommenden Montag auf meinen Beitritt zur Schildkrötenmafia vorbereitet werde.

Academia Uruguay

Puerto

Und von dort aus ist es nicht mehr weit bis zu Hafen, der Existenzgrundlage Uruguays, denn das Land lebt in erster Linie vom Export von Rindfleisch; Leder und anderen landwirtschaftlichen Gütern. Erst in jüngster Zeit hat sich auch die Finanzdienstleistungsbranche ausgebreitet. Vom Hafen und den Ramblas aus blickt man auf den Rio de la Plata, der durch den schlammigen Untergrund immer braun gefärbt ist. Auf der Gegenseite Richtung Stadtmitte blickt man auf die zahlreichen heruntergekommenen Plattenbauten, als wären sie aus der DDR Ende der 60er-Jahre hierher gebeamt worden.

Blick von Montevideo auf den Rio de la Plata

Plattenbauten ...

... soweit das Auge reicht.

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